Ausblick und Rückschau auf das alte Börsenjahr

 

Neues Jahr, neues Glück

 

„Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit.“

André Kostolany; legendärer Börsenspekulant

 

Das Börsenjahr 2016 ist nun bereits Geschichte, am alten Kontinent schreiben wir schon den zweiten Handelstag des neuen Jahres, die Wall Street öffnet heute zum ersten Mal nach den Feiertagen wieder ihre Bücher.

Der Jahreswechsel bietet stets eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, wir wollen daher auf das im alten Jahr Erreichte zurückblicken und gleichzeitig, wie es sich für Börsianer gehört, einen optimistischen Blick in die Zukunft wagen. Zuallererst ist es jedoch, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Börsenbriefen, die stolz ihre gewinnträchtigsten Empfehlungen publizieren und die Verlustbringer schamhaft verschweigen, unsere Absicht, die Kursperformance aller Empfehlungen des Jahres 2016 in einer Gesamtschau ungeschönt und ungeschminkt zu präsentieren:

In unserer Ausgabe 1 vom 22.10.2016 stellten wir Ihnen, verehrte Leser, 4 Aktien vor, die  unserer Ansicht nach von einem Wahlsieg Donald Trumps überdurchschnittlich profitieren sollten. Da die erste Ausgabe am 22.10.2016 publiziert wurde, soll der jeweilige Schlusskurs des nächstfolgenden Handelstages, in diesem Fall der 24.10.2016, als Bemessungsgrundlage für die errechnete Wertentwicklung dienen. Die angeführten Kurse sind die Tagesschlusskurse an der Frankfurter Wertpapierbörse (Parketthandel Frankfurt). Bevor wir jedoch zur Kursentwicklung unserer Aktienempfehlungen kommen, möchten wir die Performance unserer Optionsscheinempfehlung auf den Basiswert Deutsche Bank besprechen. Der Value Investor Börsenbrief hat es sich zum Ziel gesetzt, sich von der Masse der übrigen Börsenbriefe durch Transparenz, Seriosität und Fachkompetenz abzuheben. Aus diesem Grund wollen wir unsere Jahresbilanz nicht mit einer Selbstbeweihräucherung durch eine Parade der heißesten Kursraketen beginnen, sondern voller Bescheidenheit und Demut diejenige Empfehlung mit der insgesamt schlechtesten Kursentwicklung an die Spitze unserer Betrachtungen und unseres Rückblickes setzen.

Am 22.10. begannen wir unsere erste Ausgabe mit einer kritischen Analyse des europäischen Bankensektors und stellten Ihnen, verehrte Leser, eine spekulative Möglichkeit vor, mit sinkenden Kursen der Deutsche Bank Aktie Geld zu verdienen. Trotz milliardenschwerer Strafzahlungen und negativer Gewinnrevisionen entwickelte sich die Deutsche Bank Aktie jedoch im Sog eines insgesamt steigenden Finanzsektors deutlich positiv. Der empfohlene, spekulative Put Optionsschein, der am 21.10. mit rund 0,76 Euro notierte, ist bis zum 30.12. auf 0,09 Euro gefallen. Trotz der negativen fundamentalen Entwicklung der Deutsche Bank Aktie ist eine positive Performance der vorgestellten Optionsscheinstrategie äußerst unwahrscheinlich geworden, wir empfehlen daher die aufgelaufenen Kursverluste zu realisieren und die Position zu schließen.

Damit ist der negative Teil unseres Jahresrückblickes jedoch bereits abgeschlossen, alle weiteren Handelsempfehlungen konnten eine deutlich positive Entwicklung verzeichnen und sollen nun im Einzelnen vorgestellt werden:

Exxon Mobil, unsere erste Empfehlung, beendete den Handel am 24.10. mit einem Schlusskurs von 80,09 Euro pro Aktie, der Schlusskurs am 30.12. betrug 85,59 Euro. Daraus errechnet sich ein Kursgewinn von rund 6,9 Prozent.

Die Pfizer Aktie ging am 24.10. mit einem Kurs von 29,65 Euro aus dem Frankfurter Parketthandel, der letzte Kurs am 30.12. belief sich auf 30,87 Euro. Somit ergibt sich wiederum ein Kursgewinn von diesmal 4,1 Prozent.

Unsere nächste Empfehlungen, der Baumaschinenerzeuger Caterpillar, legte eine überaus beeindruckende Kursentwicklung auf das Frankfurter Börsenparkett. Ausgehend von einem Schlusskurs von 79,77 Euro am 24.10. kletterte die Aktie bis zum 30.12. auf ein Kursniveau von 88,75 Euro, ein Kursgewinn von 11,3 Prozent.

Unsere letzte Kaufempfehlung der ersten Ausgabe lautete Lockheed Martin. Am 24.10. schloss die Lockheed Martin Aktie in Frankfurt bei 213,1 Euro. Der Schlusskurs am 30.12. lautete 238 Euro. Daraus ergibt sich wiederum ein Kursgewinn in Höhe von 11,7 Prozent.

In Ausgabe 2 vom 31.10.2016 widmeten wir uns ausführlich dem Airline Sektor und analysierten dabei Delta Airlines als eine Luftfahrtgesellschaft, die aufgrund ihrer ausgezeichneten Fundamentaldaten für Value Investoren besonders attraktiv erscheint. Zur Errechnung der Kursentwicklung ziehen wir diesmal den Schlusskurs vom 03.11.2016 heran, als Handelsplatz wählen wir die außerbörsliche Handelsplattform Tradegate, da diese für die in Deutschland wenig gehandelte Delta Airlines Aktie die liquidesten Kurse stellt. Als Schlusskurs vom 03.11. verzeichnet Tradegate 37,74 Euro, bis zum 30.12. kletterte die Delta Airlines Aktie schließlich auf einen Jahresendkurs von 47 Euro. Der Kursgewinn für Investoren, die unserer Empfehlung gefolgt sind, beträgt stolze 24,5 Prozent.

Ausgabe 4 vom 19.12.2016 bot dem Value Investor einen umfangreichen Überblick zur Lage am Ölmarkt. Neben Exxon Mobil empfahlen wir dabei die BP Aktie als interessantes Basisinvestment für ein wertorientiertes Aktienportfolio. Obwohl seit unserer Empfehlung erst wenige Handelstage verstrichen sind, wollen wir eine erste Bilanz dieser Empfehlung ziehen, aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraumes beziehen wir uns diesmal jedoch auf den Schlusskurs vom 02.01.2017. Der Schlusskurs der BP Aktie im Frankfurter Parketthandel am 20.12., die Bemessungsgrundlage unserer Performance Berechnung, betrug rund 5,85 Euro, der Schlusskurs vom 02.01. wird mit 5,99 Euro angegeben. Trotz dieses sehr kurzen Zeitraumes erzielte der Value Investor, sofern er unserer Empfehlung gefolgt ist, einen Kursgewinn von bereits 2,4 Prozent.

Das Börsenjahr 2017 wurde am heutigen Tag durch die Eröffnungsglocke der Weltleitbörse Wall Street offiziell eröffnet, voller Optimismus blicken die Börsenhändler in ein neues Jahr, das als Zäsur in die Börsenannalen eingehen könnte. Kursrally anstelle von new normal, Bullenmarkt statt secular stagnation, das sind die Schlagwörter der ersten Handelstage. Von den USA ausgehend, könnte der seit Anfang der 80er Jahre währende Bullenmarkt der Anleihenmärkte endgültig zu Ende gehen, die stetige Talfahrt der Anleihenzinsen sich endlich umkehren. Politische Börsen haben kurze Beine, so sagt man, doch wenn die politischen Versprechungen des neuen Kabinetts in Washington nur annähernd umgesetzt werden können, wird 2017 eines der gewinnträchtigsten Börsenjahre der jüngeren Geschichte sein. Doch Vorsicht: mit steigenden Zinsen und einem weniger berechenbaren politischen Umfeld geht auch eine ansteigende Volatilität der Aktienkurse einher. Anlegern, die derzeit nicht oder nur teilweise investiert sind, wird sich demzufolge zumindest eine Gelegenheit ergeben, zu tieferen Kursen in den Markt einzusteigen. Die insgesamt ansteigende Börsentendenz wird durch kurze, aber heftige Korrekturen im Ausmaß von 5 bis rund 20 Prozent unterbrochen werden. Diese Einbrüche müssen jedoch rasch zum Einstieg genützt werden, sie werden aller Voraussicht nach nur kurz andauern und all jenen Investoren Kaufgelegenheiten bieten, die bereit sind rasch zu handeln und die über ein stabiles Nervenkostüm verfügen.

Value Investoren sollten den amerikanischen Aktienmarkt übergewichten und ihr Augenmerk neben den klassischen Blue Chips und Vertretern des Dow Jones vor allem auf kleinere Unternehmen, wie sie im Russell 2000 Index vertreten sind, richten. Auch europäische Blue Chips scheinen attraktiv bewertet zu sein, Finanz- und Versicherungstitel sowie Energieversorger sollte der Anleger allerdings meiden. Emerging Markets bieten auch 2017, in einer Phase steigender Zinsen und einer fortgesetzten Aufwertung des US Dollar, ein zu großes Risiko. Eine Ausnahme bilden Märkte, die von einem steigenden Rohölpreis profitieren und die über grundsätzlich gesunde makroökonomische Fundamentaldaten verfügen. Dazu zählt etwa die russische Börse, die mit einem durchschnittlichen KGV von unter 7 immer noch äußerst günstig bewertet ist und den jüngsten Aufwärtstrend auch 2017 fortsetzen könnte.

All diese Prognosen sind jedoch, wie immer, mit einer beträchtlichen Unsicherheit behaftet. Wie das Jahr 2016 gezeigt hat kann an der Börse nahezu alles passieren, und auch das Gegenteil dessen, was die meisten Experten erwarten. Anleger sollten sich daher an die Weisheiten des großen Spekulanten André Kostolany erinnern und sich, wenn sie im Eifer des Gefechts mal wieder eine günstige Kaufgelegenheit verpasst haben, ganz entspannt zurücklehnen und abwarten. Denn die nächste kommt gleich um die Ecke, ganz bestimmt…