„Smokey, mein Freund, du begibst dich in die Welt des Schmerzes!“
Walter Sobchak in The Big Lebowski
Die Entwicklung der Aktienkurse gleicht im Börsenjahr 2018 dem Auf und Ab einer Achterbahn am Jahrmarkt. Begleitet vom ekstatischen Aufschrei des Publikums schrauben sich die Kurse morgens rasant in schwindelerregende Höhen, begeben sich nachmittags unter Schreien des Entsetzens auf eine senkrechte Schussfahrt, um schließlich abends, nach der Durchquerung atemberaubender Loopings, zitternd nahe dem Eröffnungsniveau zum Stillstand zu kommen.
Value Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont sollten den täglichen Schwankungen der Börsenkurse zwar keine allzu große Aufmerksamkeit schenken und diese allenfalls zu opportunistischen Zukäufen nützen, die aktuelle Volatilität übersteigt das historische Normalmaß jedoch deutlich und erinnert erfahrene Börsianer an das Crashjahr 1987.
Die Gesetzmäßigkeiten der vergangenen Jahre, als das durch die Notenbanken künstlich geschaffene Niedrigzinsumfeld und unterdurchschnittliche Inflationsraten ein beinahe ideales Umfeld für kontinuierlich steigende Aktienkurse schufen, haben sich inzwischen deutlich zu Ungunsten der Anleger gewandelt. Mit Ausnahme der Fed weiten zwar alle namhaften Notenbanken weiterhin ihre Bilanzsummen aus und halten die Zinssätze nahe dem Nullpunkt, das lange Zeit totgeglaubte Inflationsgespenst erhebt jedoch langsam und unerbittlich sein gefürchtetes Haupt. Alle maßgeblichen politischen und wirtschaftlichen Ereignisse der letzten Monate haben eines gemeinsam: ihre inflationssteigernde und inflationsbeschleunigende Natur.
Dazu zählen die konjunkturstimulierende Ausweitung des amerikanischen Budgetdefizits, die Einhebung von Zöllen und die Ausweitung von Handelsbeschränkungen sowie die kürzlich verabschiedeten verschärften Sanktionen der USA gegenüber Russland. Wenn die USA schließlich im Mai, woran inzwischen kaum ein Zweifel besteht, erneut Sanktionen gegenüber dem Iran beschließen werden und in Folge dessen rund 1 Mio. Barrel an Rohöl mit einem Schlag vom internationalen Ölmarkt verschwindet, wird dies die Inflationsraten nochmals anheizen.
Als die Notenbanken in den Jahren nach der Finanzkrise ihre Gelddruckprogramme starteten, fürchteten alle Marktteilnehmer massiv ansteigende Inflationsraten. Nun, nahezu 10 Jahre später, rechnet kaum jemand mit einer Rückkehr der Inflation, umso wahrscheinlicher sind daher negative Konsequenzen für die Finanzmärkte. Zudem ist das politische Umfeld, beginnend mit den handelspolitischen Spannungen zwischen China und den USA, dem neuen Kalten Krieg mit Russland und den Ermittlungen des FBI gegen den amtierenden amerikanischen Präsidenten, bedrohlich wie selten zuvor.
Was sollen Value Investoren im aktuellen Börsen- und Marktumfeld also tun? Der wichtigste Baustein, der das Fundament jedes soliden Portfolios bildet und Anlegern in volatilen Zeiten die maximal mögliche Sicherheit bietet, ist ein breit diversifizierter Aktienkorb, bestehend aus günstig bewerteten, branchen- und länderspezifisch gestreuten Value Titeln. Wenn diese Blue Chips dem Anleger darüber hinaus regelmäßige, über die Jahre kontinuierlich steigende Dividendenzahlungen bieten, ist dies ein weiterer Schutz vor Kursvolatilitäten und zudem eine natürliche Absicherung gegen steigende Inflationsraten.
Unternehmen, die über eine starke Wettbewerbsposition und monopolartige Stellungen verfügen oder in Branchen mit hohen Markteintrittsbarrieren tätig sind, bieten die Aussicht auf langfristig ansteigende Gewinne und überdurchschnittliche Renditen. Im folgenden Abschnitt möchten wir Ihnen drei Unternehmen vorstellen, die den Kriterien eines Value Investments vollauf genügen und zudem die Aussicht auf überdurchschnittlich hohe Dividendenzahlungen versprechen.
Pfizer (ISIN US7170811035)
Seit mehr als 160 Jahren besteht Pfizer nun, das Pharmaunternehmen überdauerte 2 Weltkriege und die Große Depression. Solche Merkmale sind es, die ein Unternehmen für den langfristig orientierten Value Investor interessant machen. Er orientiert sich nicht an kurzfristigen Börsentrends, Modethemen sind ihm gänzlich fremd. Ein Unternehmen jedoch, das seit Jahrzehnten zu den führenden seiner Branche zählt, das als Mitglied des elitären Kreises der so genannten Dividendenaristokraten seine Gewinnausschüttungen kontinuierlich steigert und derzeit rund 50 Prozent des erwirtschafteten Jahresgewinnes an seine Anteilseigner verteilt, steht auf der Beobachtungsliste jedes Value Investors ganz oben. Die aktuelle Dividendenrendite von rund 3,8 Prozent gehört zudem zu den höchsten in der Pharmabranche und dürfte auch in den kommenden Jahren stetig ansteigen.
Pfizer verfügt über eine breit diversifizierte Produktpalette, zu den Topsellern zählen bekannte Wirkstoffe wie der Cholesterinsenker Lipitor, das entzündungs- und schmerzhemmende Mittel Celebrex, das Brustkrebsmedikament Ibrance und der Wirkstoff Viagra zur Behandlung erektiler Dysfunktion.
Pfizer musste in den vergangenen Jahren den Ablauf des Patentschutzes einiger umsatzstarker Medikamente verdauen, konnte seine Umsatzerlöse zuletzt jedoch wieder signifikant erhöhen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017 erzielte Pfizer Umsätze in Höhe von 52,5 Milliarden US Dollar. Analysten schätzen, dass der Konzern die Erlöse im laufenden Geschäftsjahr auf über 54 Milliarden Dollar steigern kann.
Betrachtet man die Bewertung, die der Aktienmarkt Pfizer derzeit zubilligt, zeigt sich, dass das Unternehmen im Vergleich zur Peer Group (Durchschnitt der börsennotierten Pharmaunternehmen) signifikant unterbewertet ist:
Das KGV, gemessen an den geschätzten Gewinnen des nächsten Geschäftsjahres, liegt mit rund 12 erheblich unterhalb der üblichen Marktbewertung internationaler Pharmakonzerne. Das Verhältnis von Enterprise Value (EV) zu EBITDA ist mit einem Faktor von 10 ebenfalls deutlich günstiger. Diese Kennzahl ist besonders wichtig, da der Enterprise Value auch die Verbindlichkeiten des Unternehmens berücksichtigt und den Anleger somit vor der Gefahr schützt, in optisch günstig bewertete Unternehmen zu investieren, die jedoch eine hohe bilanzielle Verschuldung aufweisen. Zieht man zusätzlich die beachtlichen Barmittelzuflüsse (Cash Flow) heran, die Pfizer jährlich generiert, ergibt sich für den wertorientierten Anleger eine äußerst attraktive Investmentgelegenheit.
Nimmt man die letzten Wachstumsraten der Dividende von mehr als 7 Prozent per annum als Maßstab, ist für das nächste Geschäftsjahr eine Jahresdividende von etwas über 1,4 Dollar pro Aktie zu erwarten. Daraus errechnet sich beim aktuellen Aktienkurs von rund 36 Dollar eine erwartete Dividendenrendite von annähernd 4 Prozent.
Der wertorientierte Anleger kann somit auch in den kommenden 160 Jahren darauf hoffen, dass Pfizer stabile Erträge generiert und ihm das liefert, was er am meisten schätzt: Jährlich ansteigende, nachhaltige Dividenden.
Microsoft (ISIN US5949181045)
Das Softwareunternehmen Microsoft zählt mit einem Börsenwert von rund 700 Milliarden US-Dollar zu den größten börsengehandelten Aktiengesellschaften, an Marktwert nur von Apple und Google übertroffen. Als Bill Gates im Jahr 2000 den Vorstandsposten an seinen Nachfolger, das Microsoft Urgestein Steve Ballmer, übergab, begann eine 14 Jahre währende Durststrecke. Zahlreiche überteuerte Akquisitionen und eine nicht klar definierte langfristige Unternehmensstrategie ließen den Aktienkurs dahindümpeln, bis im Jahr 2014 Satya Nadella das Ruder übernahm und das Microsoft Schiff in sicherere und vor allem weitaus profitablere Gewässer steuerte.
Nadella richtete die Unternehmensstrategie völlig neu aus, korrigierte Ballmers fehlgeleitete Übernahme der Nokia Handysparte und konzentrierte das Unternehmen auf den Geschäftszweig, der Microsoft bereits in der Ära Bill Gates groß gemacht hatte: Den hoch profitablen Verkauf von Softwarepaketen an Privat- und Firmenkunden.
Ein besonderes Augenmerk richtet der neue Vorstand dabei auf das Cloud Geschäft, worunter man Softwareapplikationen (inklusive der Bereitstellung von Speicherplatz und Rechnerkapazitäten) versteht, die nicht länger vollständig auf lokalen Rechnern, sondern auf Microsoft Servern laufen und von Microsoft über das Internet bereitgestellt werden. Ein Paradebeispiel dafür ist das neue Office 365 sowie die Business-Software Azure, die seit Jahren durch phänomenale Wachstumsraten hervorsticht. Amazon, mit seiner Unternehmssparte AWS (Amazon Web Services) ist derzeit zwar noch Marktführer im Bereich der Cloud, Microsofts Azure rückt dem aktuellen Platzhirsch jedoch mit Riesenschritten näher.
Microsoft ist ein wahrer Gigant der Software Branche, was Value Anleger aber noch mehr schätzen sind die gigantischen Barmittelzuflüsse, die das Unternehmen jährlich erwirtschaftet. Der operative Cash Flow dürfte im aktuellen Geschäftsjahr die 40 Milliarden Dollar Marke überschreiten, dies bietet, neben den hohen Barmittelreserven in der Bilanz, die Basis für massive Steigerungen der Dividendenzahlungen und eine Ausweitung des Aktienrückkaufprogrammes. Gemessen am erwarteten Gewinnwachstum und bereinigt um die Barmittelreserven ist Microsoft zudem, mit einem geschätzten KGV von rund 20, nicht übermäßig hoch bewertet.
BP (ISIN GB0007980591)
BP erwirtschaftet, nach schier endlosen Jahren der Restrukturierung und Neuausrichtung, erstmals bereits bei Rohölpreisen von rund 50 Dollar pro Barrel positive Erträge. Der operative Cashflow wird im Jahr 2018, vorausgesetzt die Ölpreise brechen in den kommenden Monaten nicht deutlich ein, mehr als nur ausreichen, um sowohl Investitionen als auch Dividendenzahlungen zu finanzieren.
Die aktuellen Rohölpreise von über 70 Dollar pro Barrel (Nordseesorte Brent) bieten eine gewaltige Hebelwirkung für die mögliche Gewinnentwicklung und lassen die derzeitigen Prognosen äußerst konservativ erscheinen. Das Management rechnet bereits in rund 3 Jahren mit einem konzernweiten Cashflow (FCF) von mehr als 20 Milliarden Dollar pro Jahr. Dieser Wert setzt sich aus den erwarteten Erträgen der Explorations- und der Raffineriesparte sowie aus dem Tankstellengeschäft zusammen und dürfte bei Rohölpreisen von 70 Dollar pro Barrel deutlich Potenzial nach oben haben.
Die BP Aktie bietet dem Anleger eine höchst attraktive Dividendenrendite von derzeit knapp 6 Prozent, das für das Jahr 2018 geschätzte KGV ist mit einem Wert von rund 16 vergleichsweise günstig und lässt Raum für steigende Kurse.